Digitale Bilder von Affen und verpixelte Avatare sind der neue Mega-Trend: Mit digitalen Wertmarken (NFTs) können Anleger hohe Renditen erzielen. Unser Autor hat es im Selbstversuch ausprobiert.
Ein kleiner Schimpanse, der mir schief dreinblickend den Stinkefinger entgegenstreckt. In Bruchteilen einer Sekunde wechselt er sein Outfit: Mal trägt er eine lässige Lederjacke, mal einen verwegenen Sträflingsanzug. Mal hängt ein Stück Pizza aus seinem Mund, mal strahlen Laser aus seinen Augen. Dieser Affe, das ist wohl Kunst.
Und zwar nicht irgendeine Kunst, sondern digitale, genauer gesagt: NFT-Kunst. NFTs sind das neue Hype-Thema in der Anlagewelt. Das Kürzel steht für non-fungible Token, also nicht austauschbare Wertmarken. Wer einen NFT kauft, wird als Eigentümer in der Blockchain gespeichert. Das Besondere: NFTs machen digitale Kunstwerke einzigartig. Man könnte also zwar einen Screenshot meines Affen machen – aber das Original würde mir gehören.
Der Hype um solche digitalen Sammlerstücke ist enorm. Laut Analyseplattform Coinmarketcap haben Anleger inzwischen 42 Milliarden Dollar in den jungen Markt gepumpt, Tendenz steigend. NFTs aus bekannten Kollektionen wechseln für Hunderttausende oder gar mehrere Millionen Dollar ihre Besitzer. Den Rekord knackte im vergangenen Jahr der Künstler Beeple, der eine NFT-Collage für 69 Millionen Dollar verkaufte. Und es scheint, als hätte der Hype gerade erst begonnen.
Millionenbeträge für irgendwelche Kunstwerke, die im digitalen Nirwana umhergeistern und von denen mir irgendjemand sagt, sie seien einzigartig? Das klingt für mich als Kunstbanausen erst mal suspekt. Gegen den NFT-Hype wirkt für mich selbst die Spaß-Kryptowährung Shiba Inu schon fast solide, wie ein Anlageprodukt einer urigen Regionalbank aus der Uckermark. Auf der anderen Seite steht die Neugier: Stellen NFTs jetzt womöglich die Kursexplosionen bei Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether in den Schatten? Oder ist gerade eine Armada an Anlegern dabei, einfach nur massiv Geld zu verbrennen?
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Zeit für einen Selbstversuch: Wie erwirbt man NFTs? Welche Tücken gibt es? Und lässt sich damit wirklich so einfach Geld verdienen?
Klar ist: NFTs sind eine noch spekulativere Anlageklasse als Kryptowährungen – und das muss schon was heißen. Eine der bekanntesten NFT-Plattformen ist Opensea. Dort ist zu sehen, wie sich der Wert von NFT-Kollektionen in letzter Zeit entwickelt hat. Die eine schoss binnen eines Tages 2400 Prozent nach oben, die andere büßte mal eben so 100 Prozent an Wert ein. Warum? Gute Frage.
Anders als bei Aktien, gibt es bei NFTs keine realwirtschaftlichen Fundamentaldaten, anhand derer man diese bewerten könnte. Als NFT-Anleger hofft man letztlich einfach darauf, dass jemand anderes später noch mehr Geld für den NFT ausgibt.
Wer in NFTs investiert, sollte also allenfalls etwas Spielgeld in die Hand nehmen. Wenn das weg ist: halb so wild. Mehr als 40 Euro will ich für diesen Spaß nicht ausgeben, sonst gäbe es auch Ärger mit der Ehefrau. Ich bin offen für Kryptowährungen, doch bei NFTs überwiegt selbst bei mir die Skepsis.
Um überhaupt etwas in der NFT-Welt kaufen zu können, brauche ich zunächst Ether. Nach dem Bitcoin ist das die zweitgrößte Kryptowährung. Der Kauf von NFTs erfolgt in der Regel nämlich über die dahinter stehende Ethereum-Blockchain. Nun genügt es aber nicht, einfach bei seinem Smartphone-Broker Ether-Anteile zu kaufen. Die Coins müssen nämlich in einer sogenannten Wallet gelagert werden, einer Art digitalen Brieftasche für Kryptowährungen.
Eine Wallet hatte ich bislang nicht – also eröffne ich eine bei Coinbase. Diese große Kryptobörse ist nämlich mit Opensea kompatibel. Darauf muss man vorab achten. Um die Wallet mit Kryptowährungen zu füllen, registriere ich mich bei der Handelsplattform Coinbase. Nachdem mein Account verifiziert wurde und meine Einzahlung von meinem Bankkonto etwa einen Tag später auf meinem Account angekommen ist, kaufe ich für 40 Euro Ether. Abzüglich der Gebühren (stolze 1,99 Euro) bekomme ich genau 0,01395306 Ether. Die schicke ich von der Coinbase-Handelsplattform an meine Wallet.
Schnäppchenjagd im NFT-Dschungel
Die Wallet lässt sich über ein Add-on meines Internetbrowsers sehr intuitiv mit der NFT-Plattform Opensea verbinden. Bis jetzt bin ich optimistisch, hier ein Schnäppchen zu machen und mich bald an einem digitalen Affen zu ergötzen. Doch die Auswahl erschlägt mich: Die super-teure CryptoPunks-Kollektion und den Bored Ape Yacht Club (BAYC) kenne ich. Da weiß ich: Mit meinem Mini-Ether-Anteil bekomme ich hier kein NFT.
Tatsächlich gibt es aber einige NFTs, die in meinem bescheidenen Budget liegen. Doch woher weiß ich, ob diese auch wirklich wertvoll sind? Dafür gibt es einige Indikatoren. Wichtig ist, dass das Exemplar limitiert ist. Nur wenn es wenige NFTs gibt, kann der Wert überhaupt steigen. Und hilfreich ist auch, wenn der Künstler bekannt ist und eine Community aufgebaut hat – beispielsweise eine Twitter-Seite mit vielen Followern. Opensea markiert – wie bei Twitter – verifizierte Accounts mit einem blauen Haken.
Die Hinweise beachtend mache ich mich auf die Suche – vergeblich. Dafür muss man schon etwas mehr Geld in die Hand nehmen. Also muss der kleine Mittelfinger-Affe reichen, den ohnehin dünnen Seriositätsanspruch werfe ich schnell über Bord. Der Account ist zwar nicht verifiziert und eine große Twitter-Gefolgschaft hat er auch nicht. Ob eine Anzahl von zehn Millionen nun noch als limitiert gesehen werden kann, wage ich auch zu bezweifeln. Aber vielleicht reicht es ja noch zum großen Durchbruch – Affen sind in der NFT-Welt schließlich beliebt.
Ein paar Punkte stimmen mich bei dem Stinkefinger-Affen nämlich optimistisch. Die Kollektion trägt den Namen „Bored Apes Clab“ – mit dem originalen Bord Apes Yacht Club haben die nichts zu tun, aber vielleicht können sie ja auf der Welle mitschwimmen. Und: Für den wertvollsten Affen der Kollektion wird inzwischen ein Preis von 2,99 Ether beziehungsweise 9.176 Dollar aufgerufen.
Extrem hohe Transaktionskosten
Mein kleiner Stinkefinger-Affe kostet gerade mal 0,0004 Ether, also 1,37 Dollar. Ein absolutes Schnäppchen also! Zumindest auf den ersten Blick: Ich klicke mich durchs Kaufmenü und erhalte am Ende eine Übersicht der Komplettkosten – und bin überrascht. Am Ende soll mich der Spaß 117,25 Dollar kosten.
Nein, der Preis des Stinkefinger-Affen ist nicht innerhalb weniger Sekunden explodiert. Zum einen bekommt Opensea eine Gebühr in Höhe von 2,5 Prozent. Der wahre Kostentreiber aber sind die Gebühren für die Transaktion auf der Blockchain – also der Ausgleich dafür, dass ich im digitalen Datenprotokoll als Eigentümer des Affen eingetragen werde. Für die Transaktionen auf der Ethereum-Blockchain wird Rechenleistung benötigt. Der NFT-Hype befeuert die Nachfrage nach Rechenleistung und damit die Transaktionskosten.
Gerade während typischer US-Handelszeiten fallen die Transaktionsgebühren besonders hoch aus, weil dann die Nachfrage am höchsten ist. Also probiere ich es morgens um 7 Uhr noch einmal – und liege noch immer deutlich über meinem Budget von 40 Euro.
Wer NFT-Kunst für höhere Beträge kauft, für den fallen die hohen Gebühren nicht so ins Gewicht. Wer – wie ich – aber nur schauen möchte, wie der Hype funktioniert und daher nur sehr kleine Beträge einsetzen will, stößt schnell an seine Grenzen.
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Author: Dr. Jose Rios
Last Updated: 1703058963
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